Aggregierte Gesamtplanung (Supply Network Planning, Master Planning)

Die aggregierte Gesamtplanung umfaßt das gesamte Produktprogramm (in ausreichend aggregierter Form) und die jeweiligen Produktionsstätten der Unternehmung mit ihren wechselseitigen logistischen Verflechtungen. Sie hat die Aufgabe, die erlös- und kostenwirksamen Entscheidungen unternehmensweit für einen mittelfristigen Zeitraum entsprechend den Unternehmenszielen standort- und funktionsübergreifend zu koordinieren. Dabei müssen insbes. die Vorstellungen des Absatz-, des Beschaffungs- und des Personalbereichs mit den Möglichkeiten und Erfordernissen der Produktion und der Logistik abgestimmt werden.

Im Rahmen der aggregierten Gesamtplanung müssen prognostizierte Umweltentwicklungen, konjunkturelle Schwankungen und langfristige Absatztrends rechtzeitig in der Produktionsplanung berücksichtigt sowie der erforderliche Ausgleich von räumlichen und zeitlichen (vor allem saisonalen) Beschäftigungsschwankungen vorgenommen werden. Hierzu zählt auch die vorausschauende Einplanung interner Ersatzkapazitäten, z.B. das Ausweichen auf weniger stark ausgelastete Produktionsstätten sowie auf externe Beschaffungsmöglichkeiten.

Der Detaillierungsgrad der Planung beschränkt sich nicht auf einzelne Produkte, sondern auf Produkttypen, wobei ein Produkttyp eine Menge von Produkten mit ähnlichen Kosten- und Nachfragestrukturen sowie ähnlichen Produktionsprozessen repräsentiert. I.d.R. werden nur Gruppen von Endprodukten zu betrachten sein. Die Produktionskapazitäten werden in Form globaler werks- oder produktionssegmentspezifischer Kapazitäten erfaßt. Als Planungshorizont kann ein Zeitraum von mehreren Jahren mit einer Periodeneinteilung in Monaten betrachtet werden.

Zur Unterstützung der aggregierten Gesamtplanung eignen sich lineare Optimierungsmodelle, die in der Praxis in vielen Advanced Planning-Systemen implementiert sind.

Die folgenden Modelle zur aggregierten Gesamtplanung basieren auf folgender Vorstellung. Ein Unternehmen produziert in einer oder mehreren Fabriken verschiedene Produktgruppen bzw. Produkttypen. Wir bezeichnen mit ${S}$ die Indexmenge der Fabriken, z.B. bei zwei Fabriken ${S}=\{1,2\}$. Weiterhin bezeichne ${K}_s$ die Indexmenge der Produkte, die in Fabrik $s$ produziert werden, z.B. ${K}_1=\{1,2,3\}$. Wir nehmen an, daß jede Fabrik eine Menge von Nachfragern (ihren Einzugsbereich) versorgt. Es gibt also eine fabrikspezifische Nachfrage.

Die Planungssituation ist dadurch gekennzeichnet, daß über einen längeren Zeitraum Nachfrageprognosen für die Produkte vorliegen. Aus der Prognose der Nachfragemengen ergibt sich oft eine im Jahresverlauf variierende und auch räumlich unterschiedlich verlaufende Nachfrageentwicklung. Dies ist besonders ausgeprägt bei saisonal schwankender Nachfrage. Aber auch das Kapazitätsangebot an den einzelnen Produktionsstandorten, z.B. die Anzahl einsetzbarer Mitarbeiter(-stunden) in der Produktion, schwankt wegen der von dem jeweiligen Kalendermonat abhängigen Anzahl von Werktagen erheblich. Hinzu kommen urlaubsbedingte Einflüsse.

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Literatur

Tempelmeier, H. (2020). Analytics in Supply Chain Management und Produktion - Übungen und Mini-Fallstudien. 7 . Aufl., Norderstedt: Books on Demand.
Tempelmeier, H. (2020). Produuction Analytics. 6. Aufl., Norderstedt: Books on Demand.
Günther, H.-O. und Tempelmeier, H. (2020). Supply Chain Analytics - Operations Management und Logistik. 13. Aufl., Norderstedt: Books on Demand.